Landwirtschaft blickt über Tellerrand

Landwirtschaftlicher Zusammenschluss als Lehrfahrtziel: Gewinn für eine ganze Region

„Ich wünsche uns eine interessante Lehrfahrt!“ Dieser morgendliche Gruß der Organisatorin Veronika Weindl im gut besetzten Bus erfüllte sich über die Maßen. Die Beraterin des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Passau-Rotthalmünster (AELF) hatte Gabriele Wolfmeier vom Netzwerk „Bauernland Inn – Salzach“ um Mithilfe gebeten: Vier zugehörige, landwirtschaftliche Betriebe standen auf dem gut gefüllten Tagesprogramm.

Familie Breiteneicher begrüßt die Lehrfahrtteilnehmer auf ihrem imposanten Vierseithof.
Familie Breiteneicher begrüßt die Lehrfahrtteilnehmer
auf ihrem imposanten Vierseithof.

Dem Aufruf des Passauer Amtes waren Bäuerinnen und Bauern aus 3 niederbayrischen Landkreisen gefolgt. Erste Anlaufstation war der landwirtschaftliche Betrieb von Anton und Elisabeth Breiteneicher. Alleinstellungsmerkmal des Betriebs ist die florierende Backstube. Seit 15 Jahren „zaubert“ der gelernte Bäcker und eingeheiratete Betriebsleiter auf dem Milchviehbetrieb einzigartige Backwaren.

„Wir legen besonderen Wert auf geschmackvolle und naturbelassene Lebensmittel. Es werden keine Backmischungen verwendet.“ Die Zuhörer lauschen aufmerksam den Ausführungen, als er aus dem Nähkästchen plaudert: „Wir mischen als Triebmittel Malzbackmittel in den Semmelteig. Das Gebäck ist etwas dichter, aber geschmackvoller und es hält länger frisch!“

Von den versprochenen Gaumenfreuden dürfen sich die Teilnehmer selbst überzeugen: Brezen, Semmeln, Plundergebäck („Wir verbacken im Jahr eine Tonne Butter“), Osterbrot und Hörnchen werden hoch gelobt. Toni und Elisabeth beschreiben ihren Betrieb: Der verwendete Dinkel wird selbst angebaut, die 30 Milch-Kühe werden auf der Kurzrasenweide gehalten und die Eltern helfen noch tatkräftig mit.

„Ich bin ein überzeugtes Mitglied des Netzwerkes „Bauernland Inn-Salzach“. Man könnte bei so vielen Sachen dabei sein, aber diese Gemeinschaft ist wirklich sinnvoll!“ Der Bäcker und Landwirt weiß wovon er spricht: „Man ist mit den verschiedensten Bauern in Kontakt, ist im Gespräch, hilft sich gegenseitig und der Umsatz steigt.“

Familie Wieser in Obertaufkirchen sorgte für den nächsten Höhepunkt. „2007 haben wir mit Null begonnen, ein Ferienhaus mit 5 Wohnungen gebaut und mittlerweile Übernachtungszahlen über 200 pro Jahr.“ Bauer Georg erläutert ohne Umschweife seinen Milchviehbetrieb. „Wir hatten und haben nur 30 Kühe in dem Stall von 1978. Also mussten wir etwas tun!“ Glaubhaft vermittelte er die familieninterne Überlegung: Wenn keiner der 3 Kinder weitermacht, steht ein neuer Stall leer, ein Haus kann man immer vermieten.

Die Niederbayern, viele davon Mitglieder im „PassauerLandLeben“, bestaunten das „Zuckerl“ des Betriebs: Ein großer Wellnessbereich im Keller des Hauses: Sauna, Infrarotkammer, Wärmeliegestuhl, Fitnessgeräte und – nicht nur für die Jugend- ein großer Kicker. „Das Wetter kann sein wie es will! Unser Wellnessbereich wird sehr gut von den Gästen angenommen!“

Auch Ehepaar Wieser schätzt die Zugehörigkeit zu dem „Bauernland“. „Wir wissen, wo wir unsere Gäste hinschicken können. Diesen Service, dieses Eingebettet-Sein genießen wir und sie!“

'Grandls Hofcafe' bot den nächsten Anlaufpunkt. Ein ehemaliger Milchviehbetrieb, der mittlerweile knapp 1000 freilaufende Legehennen und vor allem wachsende Gastronomie bietet. Das Hofcafe wurde erweitert und so werden mittags und abends warme Speisen angeboten. Jungbauer und Betriebsinhaber Matthias Bachmeier hat zusätzlich zur landwirtschaftlichen Ausbildung Koch gelernt. Die Besuchergruppe durfte auch die Baustelle besichtigen: Gerade wird der Hochzeitsstadel von 150 auf 200 Sitzplätze ausgebaut.

Beim Mittagessen im beschaulichen Innenhof der Grandl wurden regionale Speisen serviert – vom Chef persönlich. „Bauernland Inn-Salzach“-Geschäftsführerin Gabriele Wolfmeier nutzte die Pause und erklärte den spannenden Werdegang des landwirtschaftlichen Zusammenschlusses: „Es gab viele Höhen und Tiefen bei unserem Netzwerk. Mittlerweile merken die Betriebe, dass das Netzwerk viele Vorteile bringt.“ Vorteile, vom gegenseitigen Austausch bei den Stammtischen, dem Miteinander bei Großveranstaltungen bis hin zu dem Vermitteln von Kunden und Urlaubern. Auch Parallelen zum PassauerLandLeben werden gezogen und wertvolle Ratschläge tragen zum guten Miteinander bei. „Sogar die Landratsämter Neuötting und Mühldorf bemerken den Zugewinn für unsere Region. Das ist das größte Lob und ein wunderbares Gefühl!“

Die vierte Station wies das auffälligste Alleinstellungsmerkmal auf: Eine GbR, bestehend aus 3 Landwirten betreibt einen Wildpark. Der Name „Wildpark“ entspricht im positiven Sinn nicht mehr dem, was er zunächst war. Ehemaliger Milchvieh-Landwirt, Ideengeber, Geschäftsführer und Kopf des Unternehmens Thomas Mittermeier hat den Park um viele Attraktionen erweitert: Neben Falknerei und Wildtieren aus der Region steigern eine Sternwarte, ein Kletterhochseilgarten, ein Aussichtsturm mit Abseilvorrichtung und ein Erlebnisspielplatz die „Sogwirkung“ auf Groß und Klein.

„Dass an einem Dienstag hier so viel Besucher sind, wundert mich sehr!“ spricht die PassauerLandLeben-Vorsitzende Gabi Huber aus, was viele der Lehrfahrt-Teilnehmer denken. Landwirt Mittermeier zerstreut auch Zweifel: „Viele haben uns gewarnt. `Das geht nicht gut zu dritt`. `Wer soll da kommen` usw.“

Geduldig werden alle Fragen beantwortet und Wichtiges herausgestellt: Alle Flächen in und um den Wildpark gehören den 3 Landwirten, so kann erweitert werden ohne größere Berührungspunkte mit anderen Betrieben und: „Natürlich müssen Meinungsverschiedenheiten ´ausgschmatzt´ werden. Danach geht es wieder gewohnt friedlich weiter.“ – und erfolgreich. An schönen Wochenendtagen tummeln sich 2000 Besucher auf dem Gelände. Alles entstand, weil Jungbauer Thomas 2002 eigentlich aussiedeln und wachsen wollte. Die Zahlen sprachen dagegen...

Gestärkt mit selbstgemachten Kuchen auf einer der vielen Terrassen, verabschiedete Gabi Wolfmeier die Busgruppe: „Ich gebe Euch noch Postkarten vom Bauernland mit. Flyer sprechen viele Leute schon nicht mehr an.“ Die Besonderheit der ansprechenden Naturmotivkarten: Unten rechts sind LOGO und Internetadresse des Netzwerkes.

„Auf zu neuen Taten!“ animiert Kerstin Rose vom AELF die Bäuerinnen und Bauern zum Abschluss. Sie betreut zusammen mit Veronika Weindl das „PassauerLandLeben, „allein durch die Teilnahme an der Lehrfahrt haben Sie gezeigt, dass Sie bereit sind, über Ihren Tellerrand zu blicken und Anregungen aufzunehmen.“

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